Geschichten über Einzelhändler, die keinen Grund zum Jammern haben – dafür aber gute Ideen: FRAU TONIS PARFUM.
Die Story von Stefanie Hanssen klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Sie saß in der Berliner Philharmonie neben einer Frau, die einen Duft trug, der Hanssen an ihre Großmutter in Wanne-Eickel erinnerte. Weil sie sich nicht traute, die Dame nach dem Konzert anzusprechen, machte Sie sich auf die Suche nach dem Parfüm. Wurde aber bei Douglas & Co enttäuscht, weil man ihr dort nur Düfte andiente, die gerade promotet werden sollten. „Ich möchte aber nicht so riechen wie die anderen!“, dachte Hanssen – und hatte ihre Geschäftsidee.
Wer sie heute in ihrem Laden an der Zimmerstraße in unmittelbarer Nähe zum Checkpoint Charlie besucht, fühlt sich nicht wie in einer Parfümerie. Kein aufdringlicher Geruch, kein Chichi, lediglich ein großes Foto der Großmutter, die dem Geschäft den Namen gab (Frau Tonis Parfum). Auf einem Tisch stehen Apothekerflaschen mit Düften, knapp charakterisiert: „pudrig, elegant, betörend“. Wer die Flakons öffnet, kann sich durchs Sortiment riechen: von fruchtig-frisch bis orientalisch-schwer. Und sich auf Wunsch auch ein „Duftunikat“ mischen lassen.
Diese Idee hatten zwar auch schon andere, aber die 44jährige hat sie neu interpretiert. Ganz frei von Moden ist ihr Laden natürlich nicht: So ist Patschuli nicht nur an der Berliner Zimmerstraße derzeit wieder sehr gefragt. Hanssen hat aber auch einen eigenen Klassiker namens „Unter den Linden“ im Sortiment, der nach Lindenblüten riecht und sehr gut geht. Das Konzept besteht in der Verknappung des Angebots – es gibt nie mehr als 30 Düfte, die alle in Berlin und in Grasse hergestellt werden – und speziellem Service. So bietet die Gründerin Schnupperseminare an.
Der Start war für Hanssen nicht einfach, weil sie Mühe hatte, eine Bank zu finden, die ihr den nötigen Kredit gab. Umso stolzer ist die Betriebswirtin, bereits nach zwei Jahren den Break-even geschafft zu haben. Als vorteilhaft erwies sich zudem, dass sie ihren ersten Laden nach einer saftigen Mieterhöhung aufgab. An der neuen Adresse wimmelt es wegen des Checkpoint Charlie von Touristen, von denen es etliche in den Laden zieht – den mittlerweile auch die internationale Presse entdeckt hat. So schwärmt die Frauenzeitschrift „Woman’s Wear Daily“ von „A little sliver of a shop“. Die Chefin, die mittlerweile vier Mitarbeiter beschäftigt, denkt bereits an Expansion. Allerdings erscheint ihr Laden so berlinerisch, dass man ihn sich woanders kaum vorstellen kann.
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