Parfums aus Massenproduktion bekommen auch in Deutschland Konkurrenz. Mit individuellen Noten suchen drei Marken aus der Hauptstadt neue Kundschaft - und führen alte Lieben fort.

Plötzlich laufen durch Berlin junge Frauen und riechen wie Omi. Oder wie Marlene Dietrich. Dass die Diva, die kühle Blonde, ausgerechnet nach Veilchen geduftet hat, hätten wohl die wenigsten gedacht. Obwohl, wenn man genau hineinriecht in die Veilchenwolke, ein wenig Zeit verstreichen lässt, dann zeigt die so liebliche, fast zuckrige Veilchennote eine tüchtige Portion Dunkles, Herbes, wie ein lila Grollen unter dem Frühlingsdüftchen. Definitiv Diva.

Nun steht Veilchen nicht jeder Frau, aber Tulpe, das ist der Renner der Saison. Maiglöckchen hat ebenfalls viele Liebhaberinnen, und auch die Berliner Düfte "Unter den Linden" und "Eau de Berlin" gehen gut, nicht nur bei Touristen. "Frau Tonis Parfum" heißt der Laden am Checkpoint Charlie, dem Bermudadreieck der Touristen in Berlin-Mitte. Unweit der kreischenden Buntheit von Mauer-Museum, posierenden Soldaten-Darstellern und Souvenier-Läden empfängt den Besucher dort kühles Weiß, eine Bar mit großen Apothekergläsern und schwarzweißen Flakons. Etwa 30 Düfte gibt es, sie heißen "Sucre" oder "Bahia", "Vamos" oder "Roter Mohn" - und riechen alle ein bisschen retro, wie ihre Namen es versprechen. (...)

Bei "Frau Toni" allerdings, so versichert es Stefanie Hanssen, 42, die Konzept und Marke mit ihrem Geschäftspartner Christoph Niedermeier vor zwei Jahren erfunden hat, kann man zuweilen der echten Frau Toni begegnen. Das ist Hanssens Oma, sie ist 83 Jahre alt und lebt, wie Hanssen früher auch, in Wanne-Eickel. Weil die Oma früher, bei den Strick-Kränzchen am Mittwochnachmittag, die einzige war, die nicht nach "Tosca" oder Kölnisch Wasser roch, sondern nach köstlichem Rosenparfum, trägt der Laden heute ihren Namen - und Oma Toni einen Duft aus den schwarzweißen Flakons.

Betriebswirtin Hanssen, die mit Niedermeier als Hauptstandbein das Rebranding, also die strategische Neuaufstellung von Hotels der Oberklasse, betreibt, weiß: Solche Geschichten braucht, was ein Erfolgsmodell werden will. Längst ist den großen Parfum-Ketten mit der Massenware, die so heißt wie Popstars, Tennisspieler oder gängige Modemarken, auch in Deutschland eine Konkurrenz erwachsen. Nicht jeder hat Lust, seinen eigenen Duft morgens gleich ein Dutzend Mal in der U-Bahn zu riechen. (...)

Auch "Frau Toni" will aufklären, schult Geburtstagsgrüppchen und Bräute samt Brautjungfern im Erschnuppern von Orange und Rose de France. Für 79 Euro gibt es bei Prosecco, Salzgebäck und frischen Obst-Snacks Parfumseminare - und am Ende hat jeder Teilnehmer sich aus den einzelnen Düften sein individuelles Parfum zusammengestellt. (...)

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