Pimp my Parfum

Business Punk

Meine Hormone spielen kurz verrückt, als ich an „Aventure“ rieche. Rrrrr, ein Duft, der mich bei einem Mann sehr anziehen würde. „Maritim, holzig, elegant“ lautet die Beschreibung. Mein Kollege, Fotograf Tobias, assoziiert damit einen kräftigen Mann mit Vollbart. Eben.

„Ich möchte so duften, dass mir alle Männer zu Füßen liegen und alle Frauen mit mir befreundet sein wollen“, hatte ich vor meinem Besuch bei Frau Tonis Parfum, Berlin, über meine Mission gewitzelt. Ein Witz, der dort nicht so gut ankommt, wie ich im Gespräch mit Gründerin Stefanie Hanssen merke. Für sie ist Parfum etwas, das mit Authentizität zu tun hat und den eigenen Charakter unterstreicht, aber nicht als „Paarungshilfe“ eingesetzt wird. Sie ist überzeugt: Findet man seinen perfekten Duft, dann zieht man das, was zu einem passt, automatisch in sein Leben.

Neben einer Auswahl bietet sie daher auch sogenannte Duftreisen an, in denen man seinen individuellen Duft finden soll. Das mache ich heute.

Hanssens Duftmanufaktur befindet sich in der Nähe vom Checkpoint Charlie und ist sehr weiß und clean. Die Einrichtung ist schlicht und lässt den Düften genug Raum zur Entfaltung. 27 von ihnen sind in großen Apothekerflaschen vor mir aufgereiht - da muss ich mich nun einmal durchriechen auf dem Weg zu meinem „Eau de Insa“. Die Reihenfolge ist dabei immer gleich: Nach den blumigen Düften kommen die „zitrischen“, danach die „holzig-grünen“. Den Abschluss machen die schwersten, orientalischen Parfums. Zwischendrin wird neutralisiert mit Kaffeebohnen. Kaffeepause für die Nase sozusagen.

„Tulpe“ macht den Anfang. Ich bin überrascht, dass ich den Duft direkt mag. Ich dachte immer, dass ich eigentlich nicht so ein blumiger Typ bin. Doch Tonis „Tulpe“ riecht wie ein weißes Blatt Papier – frisch und nach Neuanfang.

Bei „Rose de France“ notiere ich auf meinem Bewertungskärtchen „Oma“ und „Seife“. Ich erfahre, dass dieser Duft der Lieblingsduft von Toni-Luise ist, Hanssens Oma und Namensgeberin der Marke. Ich verbinde damit Rosen, Seife und Lockenwickler. So möchte ich dann doch nicht riechen, auch wenn mir der Duft gefällt.

„Feige“ riecht eindeutig grün. Vorher hätte ich nicht sagen können, wie Grün riecht, jetzt ist es offensichtlich. Ich merke: Die Sprache der Parfümerie ist eine sehr poetische, metaphorische, manchmal gar menschliche. Und je weiter der Workshop fortschreitet, desto besser beherrsche ich sie – unbeschwert, markant, lieblich, elegant, edgy oder eben grün.

Warum das Ganze „Duftreise“ heißt, merke ich spätestens, als ich zu „Cochabamba“ komme. Wie ein Blitz durchzuckt mich eine Erinnerung an einen tropischen Ort. Regenwald. Meer. Kokosnuss. Wo bin ich? Goa, Fidschi? Bevor ich mich umschauen kann, ist der Moment vorbei und ich zurück in Berlin. Ähnliches erlebe ich bei „Habanera“: Bäm, ich bin in Istanbul. „Accroche-coeur“ versetzt mich auf den Jahrmarkt. Kein anderer Sinn ist so eng mit unserer Erinnerung verknüpft wie unser Geruchssinn, erklärt mein Duft-Tourguide. Da jeder Mensch anders riecht und individuelle Erinnerungen abgespeichert hat, verläuft auch jede Duftreise anders. Verstehe, aber hier geht es doch um meine Zukunft!

Die erste Runde ist geschafft. In der zweiten gibt es nur noch einen „Sense-Check“ meiner Favoriten. Manche Düfte mag ich beim zweiten Riechen gar nicht mehr. „Feige“ zum Beispiel ist mir auf einmal zu grün, „Berlin“ zu edgy – dabei bin ich doch Wahlberlinerin. In Runde drei geht’s ans Mischen: Meine Favorites werden kombiniert.

„Ist das Holzige hier mehr im Vordergrund? Und wenn ja, ist das angenehm?“ Schwer zu sagen. Wie holzig möchte ich riechen? Ich fühle mich etwas benommen.

Ich entscheide mich schließlich für eine Kombination aus „Tulpe“, meinem weißen Blatt Papier, und einer frischen Zitrusnote. Ein Spritzer „Aventure“, der bärtige Mann in flüssiger Form, rundet das Ganze ab. Vielleicht liegt mir also bald die Frauenwelt zu Füßen, und alle Männer wollen mit mir befreundet sein? Nach eineinhalb Stunden Workshop bin ich k. o. Klar, ich bin ja auch einmal um die Welt gereist und habe viel über mich selbst erfahren. Etwa: Ich bin wohl doch blumiger, als ich dachte.

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