Mit Düften ist es doch fast so, wie mit Männern. Das Ganze ist eine hochemotionale Kiste. Und der, der ideal zur besten Freundin passt, macht einen selbst noch lange nicht glücklich. Bei mir ist es tatsächlich so, dass ich ihm – wenn ich „The One“ gefunden habe – sehr lange treu bleibe. Doch manchmal passiert es eben, dass man sich nach einigen gemeinsamen Jahren auseinander gelebt hat.

Oder sich irgendwann einfach nicht mehr riechen kann. Die Suche nach dem neuen Mr. Right ist dann meistens sehr kompliziert: Man muss Geduld haben, immer wieder Neues ausprobieren und herausfinden, was es denn genau ist, das mit der eigenen Persönlichkeit harmoniert. Sportlich? Extravagant? Frisch? Und irgendwann machts plötzlich Zoom, dann steht er vor dir und du weißt ganz genau: Der ist es, den nehme ich mit nach Hause!

Ich bin schon seit vielen Monaten auf der Suche nach einem neuen Parfüm. Ich weiß ganz genau, was ich möchte, doch bisher habe ich einfach noch nichts gefunden, was mich so richtig umhaut.

Stefanie Hanssen ging das vor einigen Jahren ganz genauso. Sie fand einfach keinen Duft, der ihr wirklich gefallen hat, obwohl sie genau wusste, wonach sie suchte. Und weil ihr in den Luxus-Boutiquen und Drogerien keiner wirklich zuhörte, fasste sie 2009 den mutigen Entschluss, einen eigenen Laden zu eröffnen. In der Berliner Duftwerkstatt Frau Tonis Parfum bietet sie seitdem 36 Manufaktur-Parfüms an, die alle in der Hauptstadt produziert werden und ausschließlich schadstofffreie Zutaten aus Europa enthalten. Das Geniale: Alle diese hochkonzentrierten Eau de Parfums sind individuell miteinander kombinierbar. Linde, Orange, Rose, Eukalyptus, Patchouli… Wer also den Wunsch hat, sich seinen ganz eigenen, persönlichen Duft maßzuschneidern, den niemand sonst auf der Welt hat, kann diesen mithilfe einer ausführlichen Beratung selbst kreieren (diese Schnupperkurse sind übrigens ein supertolles Weihnachtsgeschenk).

Und weil Stefanie Hanssen nicht nur eine riesige Leidenschaft für Düfte hat, sondern genau soviel Know-How, habe ich ihr all die Fragen gestellt, die man über Parfüm schon immer mal wissen wollte, oder unbedingt wissen sollte:

Wie findet man seinen individuellen Signature-Duft? Wann und wo trägt man Parfüm auf, um optimale Ergebnisse zu erzielen? Und gibt es tatsächlich aphrodisierende oder selbstbewusstseinsfördernde Duftstoffe? Ihr werdet überrascht sein!

Wie geht man am cleversten vor, wenn man auf der Suche nach einem neuen Parfüm ist?
H.: Ich empfehle immer, dass man sich zuerst einmal selbst die Frage stellen sollte, welche Düfte und Gerüche man gerne mag. Welche rufen positive Assoziationen hervor? Schnuppert man gerne an Blumen? Oder lieber an Orangen oder Zitronen? Mag man es hölzern oder orientalisch? Wenn man dann eine ungefähre Richtung angepeilt hat, muss man sich Zeit nehmen und sich durchprobieren. Wenn man sich mit einem Duft wohlfühlt, kann er tatsächlich ein ganzes Tagebuch öffnen. Dann werden Geschichten und Erinnerungen wachgerufen, an den ersten Kuss, einen Urlaub in der Provence. Düfte sind nicht nur sehr subjektiv, sondern auch sehr intim.

Was ist der größte Fehler bei der Wahl eines Duftes?
H.: Meiner Meinung nach wird Parfüm als Paarungshilfe völlig überschätzt. In den meisten Kampagnen sieht man immer wieder dasselbe Bild: ein nacktes Paar, das einen Flakon wie den heiligen Gral vor sich herträgt. Und es kommen tatsächlich häufig Männer zu mir und fragen, welchen Duft sie bräuchten, um eine Frau rumzukriegen… Ein schwieriger Ansatz! Duft sollte man für sich selbst tragen, es sollte in erster Linie darum gehen, dass er mich glücklich und fröhlich macht und durch den Tag bringt.

Wenn man den Eigengeruch oder das Parfüm von jemandem nun aber so gar nicht riechen kann, kann das einer Beziehung auf der anderen Seite durchaus im Wege stehen, oder?
H.: Die Annahme, dass man(n) sich nur mit dem richtigen Duft vollsprühen müsste, um begehrenswert und sympathisch rüberzukommen, halte ich für völlig falsch. Der Umkehrschluss jedoch ist tatsächlich unbestritten. Wenn es der falsche ist, hat er keine Chance. Das hat psychologische Hintergründe, die wir uns auch nicht schönreden können.

Man sagt ja „What you smell is what you get“. Wenn man sich also einen Duft sucht, der die eigene Persönlichkeit widerspiegelt – etwa sportlich, leicht, frisch – gibt man seinen Mitmenschen dann einen ersten Eindruck, was sie charakterlich erwartet?
H.: Ich denke schon, dass Menschen, die sich für spritzige, zitrische Düfte entscheiden, auch charakterlich dynamischer sind als andere. Orientalische und holzige Parfüms hingegen symbolisieren etwas Klassischeres, Gesetzteres und vermitteln ein beschütztes Gefühl, so wie eine Umarmung.

Schuhe kauft man ja bekanntlich am besten nachmittags, weil der Fuß dann die optimale Form hat. Gibt es eine Tageszeit, die besonders gut geeignet ist, um Düfte zu testen?
H.: Ich würde das nicht an der Tageszeit festmachen, sondern daran, dass es ein Moment sein sollte, in dem man nicht gestresst, sondern sehr entspannt ist und sich ein wenig Zeit für sich selbst nehmen möchte. Der Samstag ist natürlich weniger optimal, da die Geschäfte dann so stark frequentiert sind, dass eine individuelle Beratung oft nicht so ausführlich sein kann, wie sie sollte.

Wie testet man ein Parfüm richtig?
H.: Man tupft oder sprüht es aufs Handgelenk. An dieser Stelle kann man am besten ausprobieren, wie es an einem riecht, denn dort ist die Haut besonders durchlässig und warm, der Herzschlag lässt das Blut pulsieren. Und dann sollte man 1-2 Minuten abwarten, bis die Kombination von Haut und Duft sich voll entfaltet, erst dann kann man wirklich erkennen, ob der Duft an einem gut riecht, oder ob es etwa einen metallischen Effekt ergibt. Und zwischendurch die Nase am besten immer wieder in ein Gefäß mit Kaffeebohnen stecken, das neutralisiert die Duftmoleküle. Wer viel Zeit hat, kann stattdessen auch einmal um den Block spazieren.

Auf welche Körperstellen trägt man Parfüm denn grundsätzlich am besten auf, um eine optimale und möglichst langfristige Wirkung zu entfalten?
H.: All die Stellen, an denen die Haut möglichst transparent ist und das Blut pulsiert, sind optimal: Das bedeutet zum Beispiel auf das Handgelenk, auf die Schläfen und an die Seitenstränge hinter dem Ohr. Manche schwören auch auf die Kniekehlen…

Stimmt’s, dass man Düfte am besten direkt nach dem Duschen aufträgt, solange die Haut noch warm ist?
H.: Ja, das stimmt. Und am allerbesten wird das Ergebnis, wenn man die Haut zuvor noch mit einer Body Lotion oder einem Öl eincremt. Diese sollten unbedingt möglichst geruchsneutral sein, denn wenn sie selbst stark parfümiert sind, verfälschen sie jedes tolle Parfüm.

Manche Menschen schweben in so penetranten Duftwolken durch die Welt, dass einem in ihrer Gegenwart das Atmen schwerfällt. Wie dosiert man Parfüm richtig?
H.: 
Es ist eine völlig irrige Meinung, morgens ordentlich aufzulegen, damit es für den Tag reicht. Stellen wie der Puls etwa werden permanent durchblutet, dadurch duftet es automatisch immer mal wieder. Zitrische Düfte sind von der Komposition grundsätzlich so gebaut, dass sie nur 3-4 Stunden halten. Hier kann man dann Mittags ruhig noch einmal nachlegen. Schwerere, würzigere Noten hingegen begleiten einen durch den ganzen Tag. Ich empfehle außerdem, einen Duft für tagsüber zu verwenden und einen völlig anderen für abends. Zitrisch oder blumig ist ideal für tagsüber, abends darf es dann ruhig etwas lauter, intensiver und exotischer sein.

Sollte man auch zwischen einem Sommer- und Winterduft wechseln?
H.: Das kann man machen, ist aber kein Muss. Noten wie Orange oder Zitrus passen natürlich perfekt zum Sommer, bringen einen aber auch toll durch die dunklen und kalten Monate, weil sie einfach gute Laune machen. Viele Menschen tragen im Winter gerne orientalischere Düfte, doch wenn man auch sonst nicht der Typ dafür ist, sollte man es lassen.

Wie lagert man Parfüm richtig, damit man möglichst lange etwas davon hat?
H.: Eau de Parfums und Eau de Toilettes halten in der Regel circa drei Jahre. Sie sollten aber möglichst kühl und dunkel aufbewahrt werden. Sie müssen nicht unbedingt im Kühlschrank gelagert werden, aber eine Schublade oder eine Kiste sollten es schon sein. Auf gar keinen Fall darf man sie auf die Fensterbank stellen, denn sobald sie der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, werden die Strukturen aufgebrochen und das Parfüm kann schon nach einem Jahr ranzig werden.

Für wen ist Eau de Toilette und für wen Eau de Parfum die richtige Wahl?
H.: Menschen, die grundsätzlich etwas qualitativ sehr Hochwertiges haben wollen und einen Duft wünschen, der mindestens 3-4 Stunden hält, sollten ein Eau de Parfum wählen. Denn das ist hochkonzentrierter und reiner. Ein Eau de Toilette verfliegt viel schneller, denn hier ist der verdünnende Alkoholanteil deutlich höher.

Was denken Sie über Molecule-Parfüms? Die reagieren mit der Haut und riechen bei jedem Menschen völlig anders. Der Haken: Man selbst kann den Duft nicht wahrnehmen…
H.: Ich finde die Idee hinter der Molecule-Reihe sehr spannend, doch es nicht mein Ansatz. Denn ich möchte ja selbst auch etwas davon haben und den Duft riechen können, damit er nicht nur andere beglückt, sondern auch mich selbst. Doch wenn man es schafft, Madonna, Naomi Campbell und Kate Moss dafür zu begeistern, hat man wohl alles richtig gemacht.

Sich selbst langfristig glücklich machen ist gar nicht so einfach, denn leider kann man seinen eigenen Duft nach einiger Zeit ja selbst nicht mehr wahrnehmen. Gibt es einen Trick dagegen?
H.: 
Nein, leider nicht. Wenn ich merke, dass ich meinen Lieblingsduft nicht mehr riechen kann, bewege ich mich in meinem Spektrum minimal und verwende für 2-3 Monate ein ähnliches Parfüm. Danach kann ich meinen geliebten Duft wieder wahrnehmen und kehre zu ihm zurück.

Alles nur cleveres Marketing oder ist da wirklich etwas dran, dass einige Inhaltsstoffe zum Beispiel aphrodisierende Wirkungen haben?
H.: 
Im weitesten Sinne scheint das tatsächlich zu funktionieren: Kunden aus den arabischen Städten schwören darauf, dass sie sich durch den harzigen Duftstoff Oud erregter fühlen. Abercrombie & Fitch beduftet seine Stores mit Zitronenessenzen, um den Verkauf anzukurbeln. Und wir hören von Kunden häufig, dass sie sich durch unseren Duft „Si tu savais“, der Noten von grünem Apfel und Zitrone enthält, frischer und gesünder fühlen und ihn gerne zu Bewerbungsgesprächen tragen. Diese Komponenten machen die Leute offenbar wacher, selbstbewusster und stärken das Ego.

Es ist schon kompliziert genug, für sich selbst einen Duft auszuwählen. Hat man überhaupt eine Chance, für einen anderen Menschen einen passenden Duft als Geschenk auszusuchen?
H.: 
Davon kann ich wirklich nur abraten, ich würde stattdessen immer einen Gutschein empfehlen. Das Risiko, dass dem anderen der Duft nicht gefällt oder er wirklich enttäuscht ist, weil er ihm nicht entspricht und er nicht verstehen kann, was der andere da in ihm gesehen hat, ist viel zu groß. Das ist so eine heikle Angelegenheit, dass am Ende oft alle Beteiligten schwer beleidigt sind.

Gibt es spannende neue Duft-Trends, Inhaltsstoffe oder Verfahren, an denen zurzeit fleißig geforscht wird?
H.: Immer mehr Leute haben Lust auf Parfüms, die anders riechen als alles, was man kennt, die neben der Spur sind, edgy… Die Idee, 80er-Jahre-Düfte wie etwa Patschuli neu zu interpretieren oder auch mit Blütendüften nochmal ganz anders zu spielen, eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Auch Nischenparfümerien überlegen sich gerade die verrücktesten Geschichten und arbeiten zum Beispiel mit Duftstoffen, die nach Tinte riechen. Der Geruch ist uns vertraut und in dem Zusammenhang dann doch völlig neu und spannend. Unserer Nase wird also in nächster Zeit definitiv nicht langweilig werden.

Vielen Dank für das sehr nette und interessante Interview!

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